Renate rennt
Sich mit Renate Schneider in Ruhe zu treffen, ist gar nicht so einfach. Quer auf der Bierbank sitzend, den Laptop auf dem Tisch zu ihrer Linken, findet Renates Blick nur selten Abschied vom Geschehen auf dem Flugfeld. Dort startet gerade die Clubklasse zu einem Wettbewerbstag, der keiner sein wird. Sportleiter Bernd Dörnemann wird später den Tag neutralisieren; die stabile Wetterlage lässt eine wettbewerbsgerechte Thermik nicht zu.
Eigentlich weiß das auch Renate. Sogar jetzt schon. Doch sie bleibt weiterhin optimistisch. Unbeirrt tippt sie die abgeflogenen Flugzeugschlepps in ihre Excel-Tabelle und schaut wieder auf das Fluggeschehen. Als Geschäftsführerin der Flugplatzgemeinschaft - eben dem Dachverband, der beide Lokalvereine verbindet - ist sie gleichzeitig Ausrichterin der diesjährigen Qualifikationsmeisterschaften. Renate weiß auch, dass es in dieser Meisterschaft erst zwei wirklich gültige Wertungstage pro Klasse gibt und eine Qualifikationsmeisterschaft mindestens drei benötigt. Fällt der heutige auch noch weg, bleibt nur noch der Samstag. Deswegen kann Renate nicht weggucken.
1968 lernte Renate mal einen Mann aus Gleisweiler kennen, den sie ganz gut fand. Noch vor der Hochzeit nahm er sie mit auf den Landauer Ebenberg zum Schlachtfest. Renate sollte eine Gesellschaft kennenlernen, die sie über 40 Jahre begleiten würde. Bei der Erzählung bekommt man das Gefühl, Fliegen sei zur Nebensache geworden. „Es war ein eingeschworener Haufen. Es kamen Ehepaare, wir unternahmen Wanderungen, Nachtwanderungen, und und und…“, erinnert sich Renate. Als der Versuch, das eigene Clubheim mit einer profesionellen Bewirtung zu besetzen, scheiterte, gab es ehrenamtliche Clubheimdienste im Zweierverband. „Das hat einfach funktioniert. Das mal ein Dienst nicht besetzt war konnten wir uns im Traum nicht vorstellen.“
Renate fing mal mit Segelflug an. Doch mit jedem neu versuchtem Theorieunterricht kam auch eine Schwangerschaft, die eine lange Zeit der Abwesenheit hinter sich her zog. Irgendwann reichte es ihr. Sie ging dann nach Karlsruhe zur Flugschule und absolvierte ihre Motorfluglizenz. Wo Renate dem AeroClub bislang schon als Flugleiterin dienen konnte, war sie nun in der Lage, als Schlepppilotin betriebliche Lücken zu füllen.
Irgendwann wurde Renate dann als Vorsitzende vorgeschlagen. Diese Wahl sollte vereinsintern Geschichte schreiben. Mit einer Stimme Vorsprung gewann Renate die Wahl zur Vorsitzende gegenüber Kurt Jung, seines Zeichens FDP-Staatssekretär. Es folgten die ersten vier Jahre als Vorsitzende. Später sollten weitere sechs Jahre hinzukommen. Mit zirka 60 Jahren wollte sich Renate zur Ruhe setzen. Das funktionierte genau sechs Wochen lang, bis Thilo Ott sie fragte, ob sie denn Geschäftsführerin der Flugplatzgemeinschaft sein möchte.
Das ist Renate bis heute. Darüber hinaus ist sie 1. Vorsitzende des Förderkreises des AeroClub Landau. Seit Jahren organisiert sie Wettbewerbe, Schnupperkurse, Hexenfliegereien und viele andere Events, die die heimischen Flieger auf dem Ebenberg in Atem halten. „Ich würde gerne das zurückgeben, was ich in den ersten 20 Jahren der wunderschönen Zeit bekommen habe“, beantwortet Renate die Frage, was sie denn antreibe. Sie bemerkt allerdings auch, dass sich in den letzten Jahren zunehmend das Bewusstsein für Pflicht und Ordnung gewandelt habe. Wo sich früher noch der ganze Verein für ein Event Urlaub nahm und voll dabei war, könne man genau das heute nicht mehr im Geringsten erwarten. Darüber hinaus beobachtet Renate, dass einige im normalen Flugplatzbetrieb zwar unglaublich aufmerksam, viele aber auch zu stark auf sich selbst fokussiert sind. „Alles in allem wird das Organisieren so immer schwieriger.“
Mittlerweile ist die Clubklasse abgeflogen und auf der Clubheimterasse kehrt ein wenig Ruhe ein. Jedoch nicht für Renate, denn irgendjemand will wieder was von ihr. Und Renate rennt.
-ts
